Frontstapler, Fahrerlose Transportsysteme und Routenzug im Vergleich

Es gibt viele Gründe, eine Automatisierung des innerbetrieblichen Transports in Betracht zu ziehen. Dazu gehören u.a. die Steigerung des Durchsatzes, die Kompensation des Personalmangels sowie die Schaffung besserer Arbeitsbedingungen. Doch welche Form des innerbetrieblichen Transports passt zu welcher Abwicklung? Und: Wann ist eine Automatisierung dort wirklich sinnvoll? Im Folgenden werden mit dem Frontstapler, Fahrerlosen Transportsystemen (FTS) und dem Routenzug drei gängige Lösungen miteinander verglichen.

Der Frontstapler: Klassisch, flexibel, günstig

Der 1924 erfundene Frontstapler als Methusalem im innerbetrieblichen Transport ist noch heute in fast jedem Betrieb zu finden.

Für den Frontstapler sprechen:

  • hohe Flexibilität und spontane Einsetzbarkeit, etwa bzgl. der Aufgabenstellung und der Streckenführung sowie
  • geringe „Setup-Kosten“, weil neben den Investitionen für den Frontstapler nur kleine Posten, z. B. für einen Staplerführerschein oder Rammschutz anfallen.

Die Schwächen des Frontstaplers liegen primär im Personalaufwand. Dies ist zunehmend problematischer, da das Recruiting von Fachkräften schwieriger wird. Personelle Ausfälle oder Engpässe zählen zu den Hauptgründen für den Ausfall von Staplerleistungen. Im Vergleich zu intelligenteren Systemen wie den FTS bietet der Frontstapler zudem weniger Arbeitssicherheit und es besteht ein höheres Unfallrisiko. Besonders geeignet sind Frontstapler, wenn Flexibilität gefragt ist – vor allem im Vergleich zum FTS – sowie bei niedrigen bis mittleren Transportbedarfen und spontanen Aufgaben.

Fahrerlose Transportsysteme: Ausdauernd, ergonomisch, teurer

Erhebliche technische Weiterentwicklungen in den letzten Jahren haben eine enorme Vielfalt an Fahrerlosen Transportsystemen (Englisch: Automated Guided Vehicles) hervorgebracht: Schwere Artikel, sperrige Gebinde und auch Langgut können befördert werden – mitunter von demselben Fahrzeug. Manche FTS verfahren ganze Regale zur Kommissionierung und sind teils sogar fähig, selbst daraus zu kommissionieren.

Die Stärken der Fahrerlosen Transportsysteme liegen in

  • höherer Leistungsfähigkeit, da sie abgesehen von den Ladezeiten ununterbrochen eingesetzt werden können,
  • Flexibilität, z. B. in der Streckenführung und je nach Modell auch hinsichtlich der zu befördernden Ladehilfsmittel,
  • guter Skalierbarkeit,
  • sehr guter Arbeitssicherheit sowie
  • geringem Personaleinsatz.

Von Nachteil sind im Vergleich zum Frontstapler die höheren Anschaffungs-Investitionen, die Anpassung der Prozesse, das Anlernen der Geräte ebenso wie die Schulung der Mitarbeiter.  grundsätzlich eignen sich die Fahrerlosen Transportsysteme insbesondere für ein kontinuierlich anfallendes, höheres Transportaufkommen im Mehrschichtbetrieb. Je komplexer und
spontaner die Aufgabe, desto aufwändiger und letztlich meist unwirtschaftlicher ist eine Abwicklung per FTS.

Der Routenzug: Leistungsstark, flächenverbrauchender, teuer

Auch der Routenzug entwickelt sich technisch in Richtung Flexibilität und Autonomie weiter. In Zukunft werden sich die Arbeitsabläufe in manchen Werken möglicherweise dahingehend verändern, dass der Routenzug einfache Streckenabschnitte autonom fährt und erst die Navigation am Ziel sowie der Lastwechsel mit menschlicher Unterstützung erfolgen. Wann dies technisch umsetzbar wird und an welcher Stelle eine solche Lösung sinnvoll ist, bleibt derzeit offen. Aktuell dominiert in der Praxis noch der personengeführte Routenzug.

Zu den Stärken des Routenzugs zählen

  • hohe Leistungsfähigkeit durch große Transportkapazitäten auf langen Wegen,
  • geringerer Personaleinsatz im Vergleich zum Frontstapler sowie
  • eine gute Skalierbarkeit.

Doch das Konzept Routenzug weist auch Nachteile auf. Zu den relevantesten zählen eine eingeschränktere Flexibilität hinsichtlich der Wegstrecke – u.a. aufgrund der Kurvenradien –, zeitaufwändigere Be- und Entladevorgänge, ein hoher Flächenkonsum in den Übergabebahnhöfen sowie ein höheres Ausfallrisiko. Immerhin bleibt mit dem Ausfall eines Zuges gleich ein größerer Anteil an Leistung aus. Zum Einsatz kommt der Routenzug klassischer Weise im innerbetrieblichen Transport der Produktionslogistik.

Welche Technik passt zu welcher Logistikabwicklung?

Ob die Lagerlogistik oder eine Produktionsversorgung besser von einer Staplerflotte, Fahrerlosen Transportsystemen oder einem Routenzug unterstützt wird, lässt sich nur für den Einzelfall beantworten. Zentrale Kriterien für die Auswahl der passenden Technik sind u.a.:

  • Räumliche Gegebenheiten, d.h. Fahrwege, Gangbreiten etc.,
  • Betriebliche Gegebenheiten, insbesondere Arbeitsprozesse sowie Verfügbarkeit von Arbeitskräften,
  • Anwendungsfall, u.a. Beschaffenheit, Gewicht und Maße der Artikel, Durchsatz, Ladehilfsmittel,
  • Betriebszeiten,
  • benötigte Flexibilität und Skalierbarkeit,
  • Wirtschaftlichkeit sowie
  • Ergonomie und Arbeitssicherheit.

Fazit: Zielgerichtete Automatisierung

Ob Frontstapler, Fahrerlose Transportsysteme, Routenzug oder eine ganz andere Technik am besten zu einer Abwicklung passen, kann nur individuell ermittelt werden. Oft ist die  wirtschaftlichste und langfristig sinnvollste Lösung nicht die Vollautomatisierung, sondern eine Teilautomatisierung einzelner Einsatzbereiche. Aufgrund des Fachkräftemangels in der Logistik, der Anforderungen an einen modernen Arbeitsplatz sowie den stetig steigenden Ansprüchen an den Lieferservice ist die Frage nach einer Automatisierung letztlich eine, die sich Unternehmen in regelmäßigen Abständen immer wieder stellt.