Ein Blick auf das neue EU-Verpackungsgesetz und seine

Auswirkungen auf die Intralogistik

Ab dem 12. August 2026 gelten die ersten Pflichten der neuen EU-Verpackungsverordnung. Ihr Ziel: den Einsatz von Verpackungsmaterial minimieren und die Kreislaufwirtschaft forcieren. Welche Vorgaben besonders viele Veränderungen in der Intralogistik verursachen könnten und bis wann sie umgesetzt werden sollen, erfahren Sie hier.

Weniger Material, mehr Kreislaufwirtschaft

Was ist die Intention der Verpackungsverordnung und wen betrifft sie?

Die Verpackungsverordnung ist Teil des 2019 von EU-Präsidentin von der Leyen ins Leben gerufenen European Green Deals, der bis 2050 für Klimaneutralität in der Europäischen Union sorgen soll. Die auch unter PPWR (Packaging and Packaging Waste Regulation) bekannte Verordnung gilt für alle Verpackungsarten und Akteure entlang der Wertschöpfungskette und umfasst folgende Kernziele:

  • Beschränkung des Gefahrenstoff-Anteils im Verpackungsmaterial,
  • Minimierung des Bedarfs an Verpackungsmaterial und dessen Abfällen sowie
  • Erhöhung des Anteils an wiederverwendbarem, recyceltem
  • und recyclingfähigem Material.

Die Verordnung wurde am 19. Dezember 2024 vom Europäischen Parlament verabschiedet und ist am 11. Februar 2025 in Kraft getreten. Die Pflichten und Anforderungen unterscheiden sich nach Art der Verpackung und Rolle des sogenannten Inverkehrbringers. Sie gelten sukzessive ab dem 12. August 2026, wobei Änderungen und Spezifizierungen laufend veröffentlich werden.

Weniger Gefahrenstoffe in Verpackungen

Der Einsatz von Gefahrenstoffen im Verpackungsmaterial soll reduziert werden. Dies betrifft insbesondere Blei, Cadmium, Quecksilber und sechswertigen Chrom, für die ein Grenzwert von je 100mg/kg ab dem 12. August 2026 gilt. Zum selben Datum werden auch die PFAS-Grenzwerte für Lebensmittelverpackungen verbindlich.

Minimierung von Verpackungsmaterial und Reduzierung des Leerraumverhältnisses

Um Verpackungsmaterial und -abfall zu minimieren, sollen alle Verpackungen ab dem 1. Januar 2030 auf das nötige Mindestmaß zur Funktionsfähigkeit reduziert werden. Verpackungsformate, die lediglich das wahrgenommene Volumen eines Produkts vergrößern sollen, werden verboten. Zudem darf das Leerraumverhältnis zwischen Produkten und Umverpackungen, Transportverpackungen oder Verpackungen für den E-Commerce maximal 50% betragen.

M E I L E N S T E I N E

Ausgewählte Entwicklungen der nächsten 10 Jahre

2026

  • neue Gefahrenstoff-Grenzwerte
  • neue PFAS-Grenzwerte für Lebensmittelverpackungen
  • erste Kennzeichnungspflicht für
    Verpackungen

2030

  • mind. 70% Recyclingfähigkeit von Verpackungen
  • neue Mindestprozentsätze für Rezyklatanteil in neuen Kunststoffverpackungen
  • Minimierung von Gewicht & Volumen von Verpackungen
  • Verbot von „Mogelpackungen“
  • max. 50% Leerraumverhältnis im E-Commerce

2035

  • Verpackung muss großmaßstäblich recyclingfähig sein

Erhöhung des Recycling-Anteils

Ein weiteres Ziel der Verordnung ist es, dass Verpackungen ab dem 1. Januar 2035 in großem Maßstab in Recycling-Anlagen zur Wiederverwendung aufbereitet werden können. Bis zum 1. Januar 2028 wird die EU-Kommission daher Kriterien und Leistungsstufen für ein recycling-gerechtes Design festlegen. Bis 2030 wird sie zudem Methoden zur Bewertung der Recycling-Fähigkeit sowie Kontrollmechanismen entwickeln. Ab dem 1. Januar 2030 müssen Verpackungen mindestens zu 70% aus recycelbaren Materialien bestehen. In Ausnahmefällen dürfen Verpackungen, die diese Vorgaben nicht erfüllen, noch bis zu fünf Jahre in Umlauf gebracht werden. Für Kunststoffverpackungen gelten gestaffelt ab 2030 und 2040 verbindliche Mindestquoten für den Einsatz von Rezyklat aus Verbraucher-Kunststoffabfällen.

Wiederverwendung von Verpackung

Die Verordnung setzt Zielquoten für den Einsatz wiederverwendbarer Verpackung fest. Diese gelten gestaffelt ab 2030 und 2040 und unterscheiden verschiedene Verpackungsarten. Hervorzuheben ist, dass ein Großteil der Transportverpackungen ab 2030 zu 40% und ab 2040 zu 70% wiederverwendbar sein sollen.

Kennzeichnungspflicht

Frühestens ab dem 12. August 2028 oder 24 Monate nach Inkrafttreten der entsprechenden Durchführungsrechtsakte müssen Verpackungen mit einer harmonisierten, gut lesbaren Kennzeichnung zur Materialzusammensetzung versehen sein. Für bestimmte Verpackungen sind darüber hinaus Hinweise zur Kompostierbarkeit, Wiederverwendbarkeit oder zum Rezyklatanteil verpflichtend.

Was bedeutet die Verpackungsverordnung für die Praxis?

4 FRAGEN an viaLog-Geschäftsführer Dirk Aulbur

1. Was sind die To Dos für Logistik-Verantwortliche?

Der erste Schritt besteht darin, die Logistik auf ihre Gesetzeskonformität hin zu prüfen. Dabei sollten nicht nur die Bestandslogistik, sondern auch Planungsvorhaben unter die Lupe genommen werden. Wichtig ist es, erforderliche Änderungen nicht isoliert zu betrachten, sondern bereichsübergreifend zu denken: Der Einsatz von neuem Verpackungsmaterial erfordert möglicherweise neue Packprozesse, neue Maschinen und angepasste Arbeitsplätze. Es können sich Auswirkungen auf Lagerung, Anlieferung und Versand ergeben. Es kommt darauf an, ein harmonisches Gesamtkonzept für alle Änderungen zu erstellen. Ein Flickenteppich an Maßnahmen reduziert erfahrungsgemäß die Produktivität.

2. In der Verordnung gibt es einige Unklarheiten – ist es nicht besser abzuwarten, anstatt die Logistik ins Ungewisse umzustrukturieren?

Nein, denn es gibt schon jetzt zahlreiche konkrete Vorgaben. Der Anpassungsbedarf sollte jetzt geprüft und Änderungen konzipiert werden. Wenn sich herausstellt, dass beispielsweise neue Lagertechnik oder -Software angeschafft werden muss, spielt der Faktor Zeit eine zentrale Rolle: Planung, Ausschreibung und Implementierung können schnell ein Jahr dauern. Zumal die Nachfrage nach einzelnen Lösungen natürlich deutlich zunehmen wird, was die Lieferzeiten und die Preise erhöhen kann.

Berater fuer Cost Cutting viaLog Dirk Aulbur

Dirk Aulbur

Geschäftsführender Gesellschafter und Projektleiter bei viaLog

3. Gibt es einen Aspekt, auf den man besonders achten muss?

Jein. Die Reduzierung des Leerraums im E-Commerce fällt sicher ins Auge und kann größere technische Veränderungen nach sich ziehen. Letztlich hängt es aber von den individuellen Gegebenheiten im Unternehmen ab, d.h. Sortiment, Lagertechnik, Kundenanforderungen usw., welche Aspekte der Verordnung für besonders viel Veränderungen sorgen.

4. Können Unternehmen einen Vorteil aus der Verpackungsverordnung ziehen?

Auf jeden Fall. Wir haben Kunden, die schon weit vor der Verordnung ihren Leerraum durch Verpackungsmaschinen, Volumenreduzierer, Packschema-Software und andere Maßnahmen reduziert und damit ihre Produktivität und Wirtschaftlichkeit erhöht haben. Wer dann seinen Versanddienstleister nach Versandvolumen und nicht nach Anzahl der Pakete bezahlt, erhöht die Profitabilität der Maßnahme weiter. Die Verordnung ist eine Pflicht zur Optimierung des Verpackungsprozesses. Unternehmen haben zwar die Last, dass sie sich jetzt mit dem Thema beschäftigen müssen, aber wer die Vorgaben zum Anlass nimmt, das Thema Verpackung über die gesamte Intralogistik hinweg kohärent zu optimieren, kann aus der Sache als Gewinner hervorgehen.

Projektbeispiele zur Verpackungsoptimierung